Rechtsanwalt sexueller Missbrauch Berlin: Entscheidung des BGH zum Sexualstrafrecht bei nicht öffentlicher Verhandlung

Rechtsanwalt sexueller Missbrauch Berlin Strafverfahren Sexualstrafrecht

Rechtsanwalt sexueller Missbrauch Berlin: Entscheidung des BGH zum Sexualstrafrecht bei nicht öffentlicher Verhandlung

Der Bundesgerichtshof hatte über die Revision eines Angeklagten zu entscheiden, bei der weitgehend ohne Öffentlichkeit verhandelt wurde. Als Rechtsanwalt in Berlin für den Bereich sexueller Missbrauch eine kurze Anmerkung: Strafverfahren auch in Sexualstrafsachen des sexuellen Missbrauchs sind werden der Regel öffentlich verhandelt. Zum Schutz des persönlichen Lebensbereichs der Beteiligten Zeugen oder auch -wie hier- des Angeklagten erlaubt das Gesetz den Auschluss der Öffentlichkeit. Das muss aber, so stellt es der Bundesgerichtshof hier fest, auch für die Plädoyers und vor allem das letzte Wort des Angeklagten -besonders wie hier bei dem Vorwurf des sexuellen Missbrauchs- gelten. Denn es ist nicht auszuschließen, dass ein Angeklagter in einem Verfahren ohne den Druck der Öffentlichkeit im letzten Wort Angaben macht, die er vor der Öffentlichkeit gerade nicht machen würde, dies aber  zu einer milderen Bestrafung hätte führen können.

 

BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
5 StR 530/19
vom
27. November 2019
in der Strafsache
gegen
wegen schweren sexuellen Missbrauchs eines Kindes u.a.

Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 27. November 2019 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:

Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Leipzig vom 6. Juni 2019 im Strafausspruch aufgehoben.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Die weitergehende Revision wird als unbegründet verworfen.

Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schwerer sexueller Missbrauch von Kindern in Tateinheit mit sexuellem Übergriff und mit Sichverschaffen kinderpornographischer Schriften, wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern in Tateinheit mit sexuellem Übergriff und mit Sichverschaffen kinderpornographischer Schriften in sieben Fällen sowie wegen Sichverschaffens kinder-pornographischer Schriften in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt, von der es vier Monate wegen einer rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung für bereits vollstreckt erklärt hat. Die dagegen gerichte-te und auf die Rüge der Verletzung formellen sowie materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten erzielt mit einer Verfahrensrüge den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

Während der Schuldspruch von den rechtsfehlerfreien Feststellungen getragen wird, führt die Revision des Angeklagten mit der Rüge einer Verletzung von § 171b Abs. 3 Satz 2 GVG zur Aufhebung des Strafausspruchs.

1. In der Hauptverhandlung wurde die Öffentlichkeit während der Vernehmung des Angeklagten zur Sache ausgeschlossen, weil zu erwarten sei, dass hierbei Umstände aus dem Intimbereich des Opfers und des Angeklagten zur Sprache kommen würden, deren öffentliche Erörterung schutzwürdige Interessen sowohl des Opfers als auch des Angeklagten verletzen könnten. Der Angeklagte machte danach Angaben zur Sache. Bei den Schlussanträgen und beim letzten Wort des Angeklagten war die Öffentlichkeit hergestellt.
2. Es liegt ein Verstoß gegen § 171b Abs. 3 Satz 2 GVG vor. Nach dieser Vorschrift wäre die Öffentlichkeit während der Schlussanträge zwingend auszu-schließen gewesen, nachdem Teile der Hauptverhandlung zuvor unter Aus-schluss der Öffentlichkeit stattgefunden hatten. Die Regelung des § 171b Abs. 5 GVG i.V.m. § 336 Satz 2 StPO steht der vom Angeklagten erhobenen Rüge dabei nicht entgegen (st. Rspr., vgl. etwa BGH, Beschluss vom 12. November 2015 – 2 StR 311/15, NStZ 2016, 180 mit Anmerkung Arnoldi).
a) Auf dem dargelegten Verfahrensfehler kann allerdings der Schuld-spruch nicht beruhen. Angesichts des vollumfänglichen Geständnisses des An-geklagten sowie der Bildaufnahmen seiner Taten kann der Senat ausschließen, dass der Verteidiger oder der Angeklagte in nichtöffentlichen Schlussvorträgen noch Erhebliches hätten vorbringen können, das den Schuldspruch hätte infrage stellen können.  Rechtsanwalt sexueller Missbrauch Berlin

b) Dagegen kann der Strafausspruch auf dem Verfahrensfehler beruhen. Es ist möglich, dass jedenfalls der Angeklagte, wäre ihm das letzte Wort unter Ausschluss der Öffentlichkeit erteilt worden, Ausführungen gemacht hätte, die die Strafzumessung zu seinen Gunsten beeinflusst hätten. Trotz der durch den Generalbundesanwalt zutreffend als überaus maßvoll bezeichneten Strafen kann ein Beruhen des Strafausspruchs auf den Verfahrensfehler nicht völlig ausgeschlossen werden. Die Sache bedarf daher insoweit neuer Verhandlung und Entscheidung. Rechtsanwalt sexueller Missbrauch Berlin

3. Die rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen werden durch den Verfahrensfehler nicht berührt. Ergänzende Feststellungen sind möglich, soweit sie den bestehenden nicht widersprechen.