Glaubhaftigkeit von Zeugenaussagen bei der Verteidigung von Sexualdelikten in „Aussage gegen Aussage“-Konstellationen
Der Bundesgerichtshof (4 StR 197/23) hat ein Urteil des Landgerichts Bochum aufgehoben, das sich als fehlerhaft im Umgang mit einer belastenden Aussage in der Konstellation „Aussage gegen Aussage“ befasst hatte. Zum einen hatte sich das Landgericht nicht ausreichend mit dem Umstand befasst, dass die Zeugin nach eigenen Angaben teilweise Falschaussagen gemacht hatte. Zum anderen hatte das Gericht die Aussage der Zeugin nicht in ihrer ganzen Entstehung dargestellt.
Zusätzlich hat das Gericht keinerlei Überlegungen angestellt, dass die Psychotherapie der Zeugin und innerfamiliäre Einflüsse suggestiv auf die Zeugin gewirkt haben könnten.
Alle drei Rechtsfehler kommen in Fällen des Vorwurfs des sexuellen Missbrauchs immer wieder vor.
Als Verteidiger in Sexualstrafsachen habe ich diese Erfahrung schon vor vielen Jahren machen müssen. Glücklicherweise hat die strenge Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes in vielen Fällen dazu geführt, dass Urteile, in denen man Zeugen auf „Biegen und Brechen“ glauben wollte, aufgehoben und zur Neuverhandlung gebracht wurden.